Heilungen im Dienst von Jesus

Autor:Markus Rex

 

Im Laufe seines Dienstes auf der Erde tat Jesus so viele Heilungen und Wunder, dass sie unmöglich alle hätten detailliert aufgeschrieben werden könnten.1 Die Evangelien berichten von nur neunzehn bzw. zwanzig einzelnen Heilungen. Warum nicht mehr und warum nur diese? Ich glaube, dass sie uns deshalb überliefert sind, damit wir etwas daraus lernen können.

Die Nachrichten von den großen Taten Jesu verbreiteten sich schnell unter dem Volk. Etliche Leute ergriffen selbst die Initiative, als sie davon hörten. Sie nahmen zum Teil weite Wege und Schwierigkeiten auf sich, um zu ihm zu gelangen und wandten sich mit ihren Nöten an ihm. Unter ihnen waren zum Beispiel der Hauptmann von Kapernaum und die zwei blinden Männer.2

Auf seinen Reisen begegnete Jesus aber auch Kranken, auf die er von sich aus zuging. Er heilte sie, manchmal sogar, ohne dass sie von ihm irgendeine Hilfe erwarteten oder ihn um Heilung baten. Denken wir nur an den Mann mit der verdorrten Hand oder die verkrümmte Frau.

Jesus ist nicht mehr auf der Erde, aber so wie er uns mit seinem irdischen Dienst insgesamt ein Vorbild gegeben hat, stellen auch die Heilungen in den Evangelien für uns ein gewisses Muster dar. Dabei fallen zwei Seiten auf:

1. Das Handeln Gottes und 2. Der persönliche Glaube. Diese zwei Seiten wollen wir anhand einzelner Berichte genauer untersuchen.
Die erste Heilung, die wir uns anschauen wollen, ist die des Gelähmten am Teich Bethesda.

Johannes 5,5-9
Es war aber ein Mensch dort, der 38 Jahre in der Krankheit zugebracht hatte. Als Jesus diesen daliegen sah und erfuhr, dass er schon so lange Zeit [in diesem Zustand] war, spricht er zu ihm: Willst du gesund werden? Der Kranke antwortete ihm: Herr, ich habe keinen Menschen, der mich in den Teich bringt, wenn das Wasser bewegt wird; während ich aber selbst gehe, steigt ein anderer vor mir hinab. Jesus spricht zu ihm: Steh auf, nimm deine Liegematte und geh umher! Und sogleich wurde der Mensch gesund, hob seine Liegematte auf und ging umher.

 

Wir wissen nicht, wie lange dieser Gelähmte schon dort ausharrte. Er hatte bereits einige Heilungen durch das von Gott bewegte Wasser miterlebt und setzte seine ganze Hoffnung auf dessen heilende Wirkung. Als Jesus ihn fragte: Willst du gesund werden?, erwartete er nicht etwa, dass Jesus ihn heilen würde, sondern eher, dass er ihm helfen würde, zum Wasser zu kommen. Dieser Mann erwartete also keinerlei Heilung von Jesus, das heißt, er hatte keinen Glauben an Heilung durch Jesus. Aber Jesus heilte ihn trotzdem – einfach so.

Was aber war mit all den anderen Kranken, die dort ausharrten? Jesus heilte ja nur diesen einen. Warum nur diesen? Wir müssen verstehen, dass Jesus im Laufe seines Dienstes nicht willkürlich handelte, sondern vom Heiligen Geist geleitet war. Das drückte er so aus: »Der Sohn kann nichts von sich selbst aus tun, sondern nur, was er den Vater tun sieht; denn was dieser tut, das tut gleicherweise auch der Sohn« (Joh 5,18). Wenn der Geist Gottes ihn nicht dazu animierte etwas zu sagen oder zu tun, ging er einfach weiter und überließ alles andere seinem Vater. Wegen dieser und ähnlicher Bibelstellen kommen manche Gläubigen zu dem Schluss, dass wir zwar für Kranke beten können, aber nur Gott letztendlich darüber entscheidet, wer wann geheilt wird.

Es gibt aber auch andere Heilungsberichte, wie den von der Frau mit dem Blutfluss in Markus 5,25-29

Und da war eine gewisse Frau, die hatte seit zwölf Jahren den Blutfluss, und sie hatte viel erlitten von vielen Ärzten und all ihr Gut aufgewendet, ohne dass es ihr geholfen hätte — es war vielmehr noch schlimmer mit ihr geworden. Als sie nun von Jesus hörte, kam sie unter dem Volk von hinten heran und rührte sein Gewand an. Denn sie sagte sich: Wenn ich nur sein Gewand anrühre, so werde ich geheilt! Und sogleich vertrocknete der Quell ihres Blutes, und sie merkte es am Leib, dass sie von der Plage geheilt war.

 

In diesem Fall tat Jesus zu ihrer Heilung eigentlich gar nichts. Die Frau kam auf eigenen Antrieb zu Jesus. Von dem, was sie von Jesus hörte, kam sie zu der Überzeugung, dass er eine Kraft in sich trägt, die sie heilen könnte. Und so ergriff sie völlig eigenständig ihre Heilung von ihm. Sie hat ihn nicht einmal um Erlaubnis gefragt. Jesus bezeugte ihr, dass eigentlich nicht er sie geheilt hatte, sondern dass sie durch ihren eigenen Glauben gesund geworden war.

Immer wieder betonte Jesus den Glauben der Menschen, die zu ihm kamen. »Tochter, dein Glaube hat dich gerettet! Geh hin im Frieden und sei von deiner Plage gesund!« (Mk 5,34). »Wahrlich, ich sage euch: Einen so großen Glauben habe ich in Israel nicht gefunden!« (Mt 8,10). »Euch geschehe nach eurem Glauben!« (Mt 9,29). »O Frau, dein Glaube ist groß; dir geschehe, wie du willst!« (Mt 15,28).

Diese beiden Heilungsberichte stehen in einen gewissen Kontrast zueinander. Auf der einen Seite hat Jesus von sich aus geheilt, ohne dass der Kranke irgendetwas dafür tun musste. Auf der anderen Seite wurde Heilung einfach genommen, ohne dass Jesus dabei aktiv wurde. Hier war ein starker Glaube vorhanden, um selbständig zu empfangen und dort kann man das souveräne Handeln Gottes, unabhängig vom Glauben, sehen.

Der Heilungsdienst Jesu wird nicht selten zu verklärt gesehen. Es wird angenommen, als Sohn Gottes hätte Jesus es selbst in der Hand gehabt, die Kranken zu heilen. In seinem Wirken war er aber in doppelter Hinsicht »abhängig«. Wie anfangs schon erwähnt, war er vom Heiligen Geist abhängig. Dann war er in gewisser Weise aber auch vom Glauben der Menschen abhängig. In Nazareth zum Beispiel konnte er nicht viel tun, weil die Einwohner nicht glaubten.3

Es wäre also durchaus auch für die anderen Kranken am Teich Bethesda möglich gewesen, von Jesus Heilung zu empfangen, und zwar auf dieselbe Weise, wie die blutflüssige Frau oder die Volksmenge in Matthäus 14,36: »Und sie baten ihn, dass sie nur den Saum seines Gewandes anrühren dürften; und alle, die ihn anrührten, wurden ganz gesund.« Heilung durch den eigenen Glauben von Gott zu empfangen ist die höchste Form der Heilung, denn diese Art der Heilung steht uns immer zur Verfügung.

Es gibt also zwei Seiten der Heilung. Zugespitzt ausgedrückt können wir sagen, dass einerseits Gott darüber entscheidet, wer wann geheilt wird, und es andererseits aber auch an dem Kranken selbst liegt, ob und wann er seine Heilung empfängt. Manchmal tun sich Gläubige schwer, diese zwei Wege zur Heilung richtig einzuordnen, besonders wenn sie meinen, dass ihr gesundheitlicher Zustand allein in Gottes Händen liegt.

Diese zwei Wege schließen sich nicht aus, so dass wir Heilung entweder durch Gottes alleiniges Wirken oder nur durch unseren Glauben erhalten. Sie stellen vielmehr zwei Seiten derselben Thematik dar, die sich mehr oder weniger weit überschneiden. In den Evangelien haben Menschen ihre Heilung nämlich auch durch eine Kombination beider Seiten empfangen. Jesus handelte an ihnen und sie wirkten durch ihren Glauben und notwendige Handlungen mit.

Johannes 9,6-7
Als er dies gesagt hatte, spie er auf die Erde und machte einen Brei mit dem Speichel und strich den Brei auf die Augen des Blinden und sprach zu ihm: Geh hin, wasche dich im Teich Siloah (das heißt übersetzt: »Der Gesandte«)! Da ging er hin und wusch sich und kam sehend wieder.

 

Von dem Blinden erwartete Jesus, dass er aktiv an seiner Heilung mitwirkt. Die Heilungskraft ging von Jesus aus. Der Mann sollte seine Augen im Teich Siloah waschen, damit diese Kraft an ihm freigesetzt wird. Was wäre wohl passiert, wenn der Mann nicht losgegangen oder auf halben Wege umgekehrt wäre? Wahrscheinlich wäre er dann nicht sehend geworden.

Ähnliches sehen wir bei den zehn Aussätzigen, zu denen er sagte: »Geht hin und zeigt euch den Priestern! Und es geschah, während sie hingingen, wurden sie rein« (Luk 17,14). Auch hier war eine gewisse Aktivität von Seiten der Kranken erforderlich, um letztendlich Heilung zu empfangen.

Ich glaube, dass Heilung der Gemeinde grundsätzlich zur Verfügung steht. Auch heutzutage geschehen großartige Heilungen, indem Menschen ihre Heilung im Glauben ergreifen. Aus unterschiedlichen Gründen ist aber nicht jeder Gläubige als Einzelner in der akuten Notsituation dazu in der Lage. Aber wir können in unseren Gottesdiensten in einer Atmosphäre des Glaubens und der Anbetung zusammenkommen und die Kraft des Heiligen Geistes erleben. Wenn sich der Heilige Geist unter uns bewegt, kann es geschehen, dass Kranke z.B. durch die Gaben der Heilungen oder durch eine starke Salbung viel leichter ihre Heilung empfangen. (Das geschieht vielfach bei Evangelisationen in Afrika oder Asien). Aber wir müssen Gemeindeversammlungen wieder neu schätzen lernen und Gottes Wirken unter uns erwarten.
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1 Johannes 21,25

2 Matthäus 8,5-13; 9,27-30

3 Markus 6,5-6

 

Monat 04-2015 wugffo.de