Kinder aufziehen

Autor: Markus Rex

Da letztendlich Gott der »Erfinder« der Familie ist, weiß er auch am besten darüber Bescheid, wie das Familienleben für alle wohltuend abläuft. Weil das Leben mit unseren Kindern so vielseitig ist, finden wir in der Bibel natürlich nicht für jede Eventualität einen konkreten Vers. Aber es gibt grundsätzliche Anweisungen in der Schrift, viele Parallelen zu geistlicher Vaterschaft bzw. Kindschaft und nicht zuletzt sollten wir immer den gesunden Menschenverstand gebrauchen.

Da inzwischen einige gute Bücher mit wertvollen pädagogischen Hinweisen verfügbar sind, will ich mich auf die aus meiner Sicht wichtigsten Aspekte zur christlichen Kindererziehung beschränken. Vorrangig soll es um die Frage gehen: Wie gehen wir als Eltern mit unseren Kinder in den verschiedenen Phasen ihres Aufwachsens um?

 

1 Timotheus 3,4-5 (H.f.A.)
Sein Familienleben soll geordnet sein, die Kinder gehorsam und gut erzogen. Denn wie kann jemand, der schon in seiner eigenen Familie keine Ordnung halten kann, die Gemeinde Gottes leiten?

 

Obwohl dieser Vers an die reifen Gemeindeglieder gerichtet ist, beschreibt er wahrscheinlich Gottes Erwartung für alle christlichen Familien. Wir Eltern sollen unsere Kinder gut erziehen und sind Gott gegenüber dafür verantwortlich.

Erziehung bedeutet, dass wir aktiven Einfluss auf die Kinder nehmen und sie nicht dem Selbstlauf überlassen. In Sprüche 29,15 heißt es: »Strenge Erziehung bringt ein Kind zur Vernunft. Ein Kind, das sich selbst überlassen wird, macht seinen Eltern Schande« (H.f.A.). Wir ziehen bzw. lenken sie in die vorgegebene Richtung. Das vorrangige Ziel dabei ist, dass sie später selbst gläubig sind und nach biblischen Werten leben.1

 

Phase 1: Das Vorschulalter bis ca. 6 Jahre

Sprüche 22,6
Gewöhne den Knaben an den Weg, den er gehen soll, so wird er nicht davon weichen, wenn er alt wird!

Erziehe dein Kind schon in jungen Jahren … (H.f.A.)

Die Erziehung eines Kindes fängt ja schon im ersten Lebensjahr an und nicht erst wenn es fünfzehn ist. Von klein auf sollten sie sich an bestimmte Verhaltensweisen und Normen gewöhnen. Wir stecken ihnen den Rahmen ab, in dem sie sich bewegen können. Zum Beispiel womit sie spielen dürfen und welche Gegenstände für sie tabu sind.

Kleine Kinder brauchen klare Grenzen, damit sie sich sicher fühlen. Sie wollen wissen, wie weit sie gehen dürfen, ohne dass ihnen etwas Schlimmes passiert. Deshalb müssen Eltern konsequent darauf achten, dass die von ihnen gesetzten Grenzen und Regeln auch eingehalten werden.

 

Ihr Kinder, seid gehorsam euren Eltern in dem Herrn; denn das ist recht. (Eph 6,1)

Ihr Kinder, seid gehorsam euren Eltern in allem, denn das ist dem Herrn wohlgefällig! (Kol 3,20)

 

Das erste, was Kinder lernen müssen ist, auf ihre Eltern zu hören. Die Eltern ihrerseits müssen darauf achten, dass ihre Sprösslinge auch tun, was ihnen gesagt wird. Manchmal ist dafür der »stramme Hosenboden« nötig. In Sprüche 19,18 heißt es: »Erziehe deine Kinder mit Strenge, solange sie noch jung sind, aber lass dich nicht dazu hinreißen, sie zu misshandeln« (H.f.A.).

 

Im liebevollen Umgang mit unseren Kindern gibt es die zärtliche und die strenge Seite. Besonders kleine Kinder brauchen viele Streicheleinheiten, dass wir sie auf den Schoß nehmen und sie knuddeln. Sobald aber bestimmte Grenzen überschritten werden, kommt die ernste Seite zum Vorschein.

Lange bevor Kinder anfangen zu sprechen, können sie schon begreifen, was wir von ihnen erwarten. Allerdings verstehen sie noch keine komplizierten Erklärungen. Deshalb lernen sie am schnellsten durch den Klaps auf den Po, wo ihre Grenzen sind. Mit zunehmendem Alter werden sie verständiger und die disziplinarischen Maßnahmen werden entsprechend angepasst.

Übrigens ziehen sich schmerzhafte Erfahrungen durch das ganze Leben hindurch. Der beste Weg zu lernen ist durch Einsicht. Die Uneinsichtigen bekommen mehr oder weniger schmerzhafte Bußgelder, Lohneinbußen oder andere Strafen aufgebrummt. Dazu kommen noch so manche unangenehmen Konsequenzen, die man sich durch unvernünftiges Verhalten selbst eingebrockt hat.

Ein Kind muss erst lernen, vernünftig zu werden, und wir müssen ihm dabei helfen. Je besser und schneller es gehorcht, um so größer ist seine Freiheit. Ob im Supermarkt oder beim Stadtbummel – es darf sich frei bewegen, solange es auf Zuruf sofort stehenbleibt, zurückkommt, nichts anfasst und so weiter. Wenn nicht, dann läuft es an Papas Hand, während die Geschwister ihre Freiheit genießen. Ein Kind, das nicht gehorcht, handelt unberechenbar und muss festgehalten werden – wenn es sein muss auch mit aller Gewalt – damit es z.B. im Straßenverkehr keinen Schaden nimmt.

 

Phase 2: Schulkinder im Alter von etwa 6-12 Jahren

Mit zunehmendem Alter ist es immer wichtiger, dass die Kinder ihre Eltern und andere Erwachsene respektieren. Gehorsam und Respekt gehören zusammen. »Ihr Kinder gehorcht euren Eltern … Ehre Vater und Mutter …« (Eph 6,1-2). Sind Kinder von klein auf daran gewöhnt, tun und lassen zu können, was sie wollen, verlieren sie den Respekt vor ihren Eltern. Haben die Eltern aber konsequent darauf geachtet, dass ihre Kinder tun, was gesagt wird, werden sie von ihnen auch respektiert. Kinder, die ihre Eltern achten und respektieren, befolgen ihre Anweisungen – selbst im Teeniealter noch.

Spätestens, wenn die Kinder zu Schule gehen, sind die Grundlagen gelegt. Die Zeit des »stammen Hosenbodens« sollte jetzt längst vorbei sein. Die Erziehung geschieht vielmehr durch Erklären.

 

1 Thessalonicher 2,11-12
Ihr wisst ja, wie wir jeden Einzelnen von euch ermahnt und ermutigt haben wie ein Vater seine Kinder, und euch ernstlich bezeugt haben …

 

Das setzt voraus, dass die Eltern einen guten »Draht« zu ihren Kindern haben und zuhause eine gesprächsoffene Atmosphäre schaffen, in der jede Frage und kritische Anfrage zur Lebenseinstellung oder zu Glaubensauffassungen erlaubt ist. Eltern sollten ihren Kinder immer ohne Scheu erklären können, warum sie so leben, wie sie leben. (Oder sie sollten, wenn ihnen diese Fragen zu peinlich sind, bestimmte Dinge bei sich verändern.)

Zu einer guten Atmosphäre zuhause gehört unbedingt auch ein freundlicher Umgangston miteinander. »Alle Bitterkeit und Wut und Zorn und Geschrei und Lästerung sei von euch weggetan samt aller Bosheit. Seid aber gegeneinander freundlich und barmherzig …« (Eph 4,31-32).

Manchmal fehlt es an Konsequenz in der Erziehung im zarten Kindesalter, weil die lieben Kleinen so süß sind. Das rächt sich dann, wenn sie größer sind und über die Stränge schlagen. Weil sie ihre Kinder nicht mehr unter Kontrolle halten können, fühlen sich manche Eltern genervt. Vielleicht haben sie auch gerade Stress auf ihrer Arbeit oder fühlen sich durch die Belastungen des Alltags überfordert. Nicht selten lassen die Großen ihren Frust und ihre Wut an den Kleineren aus, indem sie sie anschreien oder sogar verprügeln. Aber das hat nichts mehr mit Erziehung zu tun, sondern ist ganz klar Misshandlung.

 

1 Timotheus 3,4
…einer, der seinem eigenen Haus gut vorsteht und die Kinder in Unterordnung hält mit aller Ehrbarkeit.

1 Petrus 5,3 (H.f.A.)
… spielt euch nicht als die Herren eurer Gemeinde auf, sondern seid ihre Vorbilder

 

Wir sollen unsere Kinder mit aller Ehrbarkeit, d.h. mit Anstand und mit Würde erziehen. Je älter sie werden, desto ernster sollten wir sie nehmen. Ab dem Schulalter hat das Vorbild der Eltern (und größeren Geschwister) einen großen Einfluss auf die Entwicklung der Kinder. Unser Verhalten redet lauter als unsere Worte. Kinder beobachten ihre Eltern genau. Sie sehen ihnen an, wie wichtig ihnen der Glaube ist und ob sie auch selber das tun, was sie von ihren Kindern erwarten.

Erziehung beinhaltet, dass wir unsere Kinder aktiv auf ein selbständiges Leben vorbereiten. Das schließt mit ein, dass sie immer mehr Verantwortung übernehmen. Wir müssen darauf achten, dass sie ihre Pflichten in der Schule und im Haushalt gewissenhaft erledigen. Es gibt immer etwas, das uns Spaß macht und anderes, was wichtig ist. Das Problem daran ist nur, dass die spaßigen Sachen selten wichtig sind und das Wichtige im Leben wenig Spaß macht. Erziehung besteht darin, die Kinder dahin zu führen, dass sie nicht nach Lust und Laune leben, sondern den notwendigen Dingen genug Beachtung schenken.

 

Phase 3: Teenager im Alter ab ca. 13 Jahren

Als Teenager sind sie dann schon auf der Zielgeraden zum Erwachsen werden. Sie sind eigentlich noch Kinder, aber möchten wie Erwachsene behandelt werden.

 

Epheser 6,4 (H.f.A.)
Ihr Eltern, behandelt eure Kinder nicht ungerecht, sonst fordert ihr sie nur zum Widerspruch heraus. Eure Erziehung muss vielmehr in Wort und Tat von der Liebe zu Christus bestimmt sein.

Kolosser 3,21 (Amp)
Ihr Väter provoziert, verunsichert oder reizt eure Kinder nicht (seid nicht hart zu ihnen und schikaniert sie nicht) damit sie nicht entmutigt, mürrisch oder frustriert werden und sich nicht minderwertig fühlen.

 

In diesem Alter machen die Eltern keine Punkte mehr, wenn Mama zum Beispiel ständig rummeckert oder Papa mit der Faust auf den Tisch haut. Sie wollen sich ernst genommen fühlen, was ihre Hobbys, ihr Wünsche und ihre erste Liebe betrifft. Jugendliche brauchen genauso Zuwendung und Aufmerksamkeit, aber natürlich in anderer Form, als 3-Jährige. Es ist nicht gut, wenn sie in ihrer gesamten Freizeit sich selbst überlassen sind. Die Eltern müssen sich zeitliche Freiräume schaffen und gute Ansprechpartner für ihre halbwüchsigen Kinder sein.

 

Kleine Kinder werden konsequent erzogen, indem wir etwas anordnen oder verbieten. Unsere Teenager sollten wir konsequent lieben, d.h. auch dann, wenn wir nicht verstehen, was sie gerade tun. Wir sollten immer für sie da sein, ohne sie permanent zu kontrollieren. Es tut fürsorglichen Eltern in der Seele weh, wenn sie zusehen, wie die jungen Menschen manche Fehlentscheidungen treffen, und würden am liebsten bei jeder Kleinigkeit »helfend« eingreifen. Teenager wollen aber selbständig handeln – und aus ihren eigenen Fehlern lernen. Eltern müssen es lernen, ihre Kinder loszulassen, denn irgendwann verlassen sie ja ohnehin das Elternhaus. Es gilt, dem eigenen Erziehungskonzept zu vertrauen, denn schon in jungen Jahren wurden doch die biblischen Werte in die Kinder hineingelegt.

Trotz allem sind die Eltern noch verantwortlich. Die Erziehung läuft aber im Wesentlichen nicht mehr durch Disziplinierung ab, sondern durch Einflussnahme. Wie in der Ehe sollten wir ständig darum bemüht sein, die Herzen der Jugendlichen zu behalten bzw. zu gewinnen.

 

Ein abschließendes Wort

Vom Familienleben gibt es einerseits das Idealbild und andererseits die Realität. Manchmal kommen Eltern erst zum Glauben, wenn ihre Kinder schon halbwüchsig sind oder die Erziehung wurde aus anderen Gründen im frühen Kindesalter vernachlässigt. Eltern sollten ihre jugendlichen oder schon erwachsenen Kinder immer lieben, für sie da sein und für sie beten. Wenn wir glauben, dass Gott der Retter aller Menschen ist, dann sollten wir auch glauben können, dass er fähig ist, Menschenleben zu verändern.

 

(Der Autor ist Vater von vier erwachsenen Kindern.)
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1 Epheser 6,4; Psalm 78,5-7

 

Monat 05-2014 wugffo.de