Von anderen Jüngern lernen

Autor: Markus Rex

Der große Missionsauftrag, den wir bekommen haben, beinhaltet, selbst zu einem Jünger Jesu zu werden und dann auch andere Menschen zu Jüngern zu machen: »So geht nun hin und macht zu Jüngern alle Völker …« (Matth 28,19). Manche Leute meinen, dass ein Leben in der Nachfolge, also verbindliches Christsein sie einengen würde. Echte Jüngerschaft verheißt uns aber im Gegenteil ein Leben in Freiheit.

Jesus sagte den Gläubigen damals: »Wenn ihr in meinem Wort bleibt, so seid ihr wahrhaftig meine Jünger, und ihr werdet die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch frei machen!« (Joh 8,31-32). Stellen wir uns nur einmal vor, wie wunderbar ein Leben frei von Angst und Sorgen, frei von Bedrückung, von Mangel oder von Krankheit wäre.

Weil Jüngerschaft im westlichen Kulturkreis weitgehend unbekannt ist, gibt es unter den Christen manchmal unterschiedliche Vorstellungen darüber. Deshalb könnte es hilfreich sein, wenn wir uns einmal einzelne Jünger Jesu anschauen. Ihr Verhalten kann uns entweder ein Beispiel oder eine Warnung sein. Jedenfalls können wir aus ihrem Leben in der Nachfolge einiges für uns lernen.

 

Matthäus gab seinen alten Lebensstil auf und folgte Jesus nach. Das wenige, das von Matthäus berichtet wird, finden wir in Matthäus 9,9: »Und als Jesus von da weiter ging, sah er einen Menschen an der Zollstätte sitzen, der hieß Matthäus; und er spricht zu ihm: Folge mir nach! Und er stand auf und folgte ihm nach.«

Matthäus war bis zu seiner Berufung ein Zolleintreiber im Auftrag der römischen Besatzer. Zur Zeit Jesu wurden die Zöllner zusammen mit den Sündern in einem Atemzug genannt. Das war nicht ohne Grund so, denn sie betrogen die Reisenden, wann immer sie konnten. So ist Matthäus wahrscheinlich (wie auch der Zöllner Zachäus) auf unrechte Weise wohlhabend geworden. Dann rief ihn Jesus in seine Nachfolge. Ohne zu zögern, verließ er alles und folgte Jesus nach. Das taten natürlich auch die anderen Jünger, aber von Matthäus ist es nahezu das einzige, was über ihn berichtet wird. Es war sozusagen sein Merkmal.

Das erste Kennzeichen echter Jüngerschaft für jemanden ist, dass er sein altes selbstbestimmtes Leben aufgibt, um fortan für den Herrn Jesus da zu sein.

 

Johannes – an ihm haben wir ein Beispiel, wie sehr ein Mensch in seinem Wesen positiv verändert werden kann. Die Bibel berichtet uns einiges über ihn. Johannes und sein Bruder Jakobus waren dafür bekannt, ziemlich ungehobelte Kerle zu sein. Deshalb nannte man sie auch Donnersöhne.1

Als Jesus mit seinen Jüngern einmal durch Samaria zog und die Einwohner eines Dorfes ihn nicht aufnehmen wollten, wünschten sie sich gleich, dass sie Feuer vom Himmel fallen lassen dürften, um sie dafür abstrafen. Sie meinten, Jesus damit einen Gefallen zu tun, aber er maßregelte sie dafür: »Wisst ihr nicht, welches Geistes Kinder ihr seid?«2

Ein anderes Mal baten sie Jesus, es für sie zu arrangieren, dass sie später einmal direkt neben ihm sitzen dürften. Sie drängelten sich in den Vordergrund und wollten sich, an den anderen Jüngern vorbei, einen Ehrenplatz im Himmel sichern, was Jesus offensichtlich missfiel.3

Drei Jahre in unmittelbarer Nähe zu Jesus gingen aber nicht spurlos an ihnen vorüber. Jesus war der wandelnde Ausdruck der Liebe Gottes4 und diese Liebe veränderte sie. Johannes nannte sich später in seinem Evangelium selbst »… der Jünger, den Jesus lieb hatte …« (Joh 21,7). Dass er sich von Jesus geliebt wusste, veränderte seinen Charakter. Anstatt mit der Faust dreinzuschlagen oder sich in den Vordergrund zu schieben, wurde er die Sanftmut in Person. In seinen Briefen nennt er die Gläubigen »meine geliebten Kinder«5. In der Offenbarung betont er nicht sein Amt als Apostel, sondern sieht sich als ein Bruder unter den anderen.6

Wirkliche Nachfolge verändert uns in unserem tiefsten inneren Wesen und wir werden Jesus immer ähnlicher. Das ist ja auch der Zweck von Jüngerschaft, nämlich so zu werden wie der Meister.

 

Andreas muss von Jesus einiges an Glauben gelernt haben. Lernen ist ja auch ein wesentliches Merkmal der Jüngerschaft. Jesus trainierte seine Jünger, er korrigierte sie und forderte sie heraus. In Johannes 6,5-13 lesen wir von der Speisung der Fünftausend. Philippus war angesichts dieser großen Menschenmenge schockiert, als sich Jesus mit dem Anliegen an ihn wandte, Brot für sie zu kaufen. Er wusste nicht, dass das ein Glaubenstest war. Dann schaltet sich Andreas in das Gespräch ein. Ein Junge sei unter der Menge, der etwas zu essen bei sich hat. (Offensichtlich hatte Andreas sich zuvor schon umgesehen.) Er wusste zwar nicht so recht, ob das nun die Lösung dafür wäre, fünftausend Menschen zu sättigen. Dennoch hat er das, was er bzw. der Junge hatte, eingebracht. Und genau diesen Part hat Jesus dann benutzt.

Wenn wir Jesus folgen, kommen wir manchmal an unsere Grenzen. Genau da können wir lernen, unserem Herrn zu vertrauen. Wir tun dabei unseren Teil und Jesus tut seinen Teil.

 

Thomas. Von ihm ist wohl die bekannteste Begebenheit, dass er die Nachricht von der Auferstehung Jesu nicht geglaubt hat. Er war jedoch nicht der Einzige. Genau genommen haben alle Jünger anfangs nicht daran geglaubt, einige sogar bis zu seiner Himmelfahrt nicht.7 Aber lasst uns bei Thomas bleiben und etwas von seiner Begegnung mit dem auferstandenen Christus lernen.

Jesus sagte zu ihm: »Thomas, du glaubst, weil du mich gesehen hast; glückselig sind, die nicht sehen und doch glauben!« (Joh.20,29). Das heißt für uns, dass wir zuerst glauben sollen, um es danach zu sehen, denn wir glauben ja nicht um des Glaubens willen. Der Glaube an das Erlösungswerk einschließlich der Auferstehung Jesu rettet uns. Auch wenn wir von dem neuen Leben in Christus bei uns am Anfang vielleicht noch nicht so viel sehen bzw. merken, müssen wir es zuerst glauben. Dann werden wir früher oder später auch die Auswirkungen und Veränderungen bei uns sehen.

Jesus erwartete von seinen Jüngern, dass sie an seine Auferstehung glauben, einfach nur deshalb, weil er es ihnen angekündigt hatte. Genauso erwartet Jesus auch von uns, dass wir z.B. an die übernatürliche Kraft Gottes in Form von Heilungen, Zeichen und Wundern glauben, auch wenn wir vielleicht noch nie etwas davon gesehen haben, und zwar einfach nur deshalb, weil er gesagt hat, dass wir dieselben Werke und sogar größere als er tun würden.8

 

Judas ist der Jünger, bei dem wir wahrscheinlich am wenigsten erwarten würden, etwas von ihm lernen zu können, weil er am Ende der Verräter war. Doch er startete genauso gut, wie die anderen Jünger. Er hatte den Ruf Jesu auf seinem Leben und wurde von Jesus ebenso ausgesandt, wie die anderen Jünger. Genauso wie die anderen hat er Kranke geheilt und Besessene befreit. Aber dann gab er sich mehr und mehr dem Einfluss des Teufels hin. Erst am Ende hat er dann Jesus für 30 Silberlinge verraten.9

Am Beispiel von Judas können wir lernen, dass es Gefahren gibt und wir nicht leichtfertig dahinleben dürfen. Wir müssen aufpassen, dass wir dem Teufel nicht auf den Leim gehen. Es ist hilfreich, sich im Vorfeld der Frage auszusetzen: Bin ich käuflich? Wenn ja, für welchen Preis?

Der Preis, um den es hier geht, ist vielleicht ein kurzzeitiger Vorteil auf Kosten Gottes bzw. auf Kosten deiner Berufung. Womit kann der Teufel mich eventuell dazu bringen, Dinge und Prinzipien zu verraten, die Gott heilig sind (und eigentlich auch mir)? Für welchen Preis kann der Feind dich von der Nachfolge abbringen, so, dass du aufhörst, den Willen Gottes zu tun?

Jeder Preis, den der Teufel bzw. die Welt uns anbietet, ist zu gering. Wir sind immer mehr, als das wert, denn Jesus hat uns mit seinem kostbaren Blut erkauft. Er sagte, dass ein Menschenleben mehr wert ist, als die ganze Welt.

An Judas können wir sehen, dass es nicht ausreicht, als ein Jünger nur gut anzufangen. Es kommt entscheidend darauf an, dass und wie wir unseren Lauf beenden.

 

Petrus ist neben Johannes der bekannteste unter den Jüngern. Von ihm wird deshalb auch das meiste berichtet. Aber beschränken wir uns hier darauf, dass er Jesus verleugnete. So etwas hätte er von sich selbst nie gedacht. Deshalb hatte er die Ankündigung Jesu, dass er ihn dreimal verleugnen würde energisch zurückgewiesen. Kämpferisch zeigte er sich bereit, sogar für in zu sterben.

Ich glaube, dass er das auch wirklich so meinte – aber wahrscheinlich dachte er dabei mehr an eine heroische Tat, bei der er heldenhaft in den Tod gehen würde. Als er dann unvorbereitet auf Jesus hin angesprochen wurde, fühlte er sich völlig überrumpelt.

Manche Gläubigen singen im Gottesdienst: »Herr, ich gehöre dir. Mein ganzes Leben gebe ich dir«, und gleich am Montag verleugnen sie ihn durch ihr Verhalten. Verleugnen bedeutet, vor anderen so zu tun, als ob man mit jemandem nichts zu tun hat, obwohl man mit ihm verbunden ist. Manchmal ist es auch einfacher, einmal eine große Tat zu vollbringen, als beständig in den kleinen Dingen treu zu sein.

Von Petrus heißt es, dass er hinterher bitterlich darüber weinte. Jesus vergab ihm und setzte ihn in den Dienst ein. Das sollte uns Mut machen, uns bei Versagen erst recht wieder an Jesus zu wenden.
———————————————————————-

1 Markus 3,17

2 Lukas 9,54-55

3 Markus 10,35-41

4 siehe Hebräer 1,3 u. 1 Johannes 4,16

5 1 Johannes 2,1; 4,1.4.7.11

6 Offenbarung 1,9

7 Matthäus 28,17; Markus 16,14

8 Johannes 14,12

9 Matthäus 26,15; Lukas 22,3

 

Monat 04-2014 wugffo.de