Säen, Ernten – und die „höhere Gewalt“

Autor: Markus Rex

 

Psalm 145,15-16
Aller Augen warten auf dich, und du gibst ihnen ihre Speise zur rechten Zeit. Du tust deine Hand auf und sättigst alles, was lebt, mit Wohlgefallen.

Apostelgeschichte 14,17
… er hat uns Gutes getan, uns vom Himmel Regen und fruchtbare Zeiten gegeben …

 

Gott hat nicht nur alles Leben erschaffen, sondern er ist auch der Versorger seiner Schöpfung und ein fürsorglicher Vater für seine Kinder.1 Damit wir mit allen nötigen (Lebens-) Mitteln versorgt sind, hat er das Säen und Ernten eingesetzt.2 Wenn es auch oftmals ausschließlich als ein geistliches Prinzip angesehen wird, hatte es ursprünglich mit praktischer Arbeit zu tun. Jeder Landwirt weiß darüber Bescheid und kennt den Wechsel zwischen der Aussaat, der Erntezeit und dem erneuten Aussäen. Um einen mehr oder weniger reichen Ertrag zu bekommen, muss zuvor das Feld bestellt werden.

 

Allerdings ist die Landwirtschaft im hohen Maß vom Wetter abhängig. Dieses ist für den Bauer die »höhere Gewalt«, der er quasi unterworfen ist. Fleißiges Arbeiten allein ist noch keine Garantie für eine gute Ernte. Wenn es zu lange trocken ist, ein Unwetter heraufzieht oder ein Kälteeinbruch kommt, kann der erwartete Ertrag geschmälert oder sogar ganz vernichtet werden. Ausschlaggebend für eine reiche Ernte ist das richtige Wetter zur richtigen Zeit.

 

Am Beispiel des alten Israels wird uns das Zusammenwirken vom Säen, vom Ernten und von der »höheren Gewalt« eindrücklich vor die Augen gemalt. Gott brachte sie in ein fruchtbares Land, von dem er sagte: »… von dem du dich nicht kümmerlich nähren musst, in dem es dir an nichts mangelt« (5 Mos 8,7-9). Doch zuvor machte er sie darauf aufmerksam, das dieses Land anders ist als Ägypten, wo sie bis dahin lebten.3 Das Nildelta war mit die fruchtbarste Region der damaligen Welt. Auf den weitläufigen Ebenen wurden künstliche Gräben angelegt, wodurch große Flächen bewässert werden konnten, die dadurch reichen Ertrag brachten.

Das Land Kanaan hingegen war größtenteils auf den Niederschlag angewiesen. Aber Gott sagte ihnen zu, dass er sich darum kümmern würde. 4

 

5 Mose 11,12
Es ist ein Land, zu welchem der HERR, dein Gott, Sorge trägt; auf welches die Augen des HERRN, deines Gottes, immerdar gerichtet sind, von Anfang bis Ende des Jahres.

 

Wenn wir die Geographie vereinfacht beschreiben, zieht sich Kanaan von der Ebene im Osten über das Hügelland bis zu den Bergen im Westen hin. Dann fällt es schroff zum Jordantal hinab, das zur damaligen Zeit von einem dichten Urwald bewachsen war. Das subtropische Klima war geprägt von aufeinanderfolgenden Trocken- und Regenzeiten. Der Niederschlag kam während dieser Perioden täglich und so pünktlich, dass man die Uhr hätte danach stellen können. Das warme Klima mit reichlich Feuchtigkeit verhalf den Bewohnern zu erheblichen Wohlstand.

 

Solange die Israeliten beim HERRN blieben, waren sie sich bewusst, dass ihr Reichtum eigentlich von Gott kam. Dafür priesen sie ihn in ihren Liedern, wie zum Beispiel im Psalm 65:

 

Psalm 65,10-12
Du suchst das Land heim und wässerst es und machst es sehr reich; Gottes Brunnen hat Wassers die Fülle. Du bereitest ihr Korn, denn also bereitest du das Land zu; du tränkst seine Furchen, feuchtest seine Schollen; mit Regenschauern machst du es weich und segnest sein Gewächs. Du krönst das Jahr mit deiner Güte, und deine Fußstapfen triefen von Fett.

 

Regen wurde für sie zu einem Synonym für den Segen Gottes insgesamt.5 Bei allem Segen Gottes war ihnen natürlich klar, dass sie trotzdem arbeiten mussten, denn Gott segnete das Werk ihrer Hände.6 Dieses biblische Prinzip gilt bis heute. Gott segnet uns, indem wir unseren eigenen Lebensunterhalt erarbeiten.

 

Du wirst dich nähren von der Arbeit deiner Hände; wohl dir, du hast es gut! (Psalm 128,2

… stattdessen bemühe er sich durch ehrlicher Hände Arbeit, ein gutes Einkommen zu verdienen … (Epheser 4,28/Roth)

… und mit euren eigenen Händen zu arbeiten … (1 Thessalonicher 4,11)

 

Hier stellt sich natürlich die Frage, was der Segen Gottes mit eigener Arbeit zu tun hat. Denn schließlich erarbeiten wir unseren Lebensunterhalt doch selbst, oder?

Genau an dieser Stelle scheiterten die Israeliten. Sie hatten sich im Laufe der Jahre so sehr an das günstige Klima gewöhnt, dass sie schließlich meinten, ihr Wohlstand hinge nur von den pünktlichen Regenschauern ab. Aber das war zu kurz gedacht.

 

Dann kamen Zeiten für die Israeliten, in denen sie genauso fleißig arbeiteten wie früher, aber die erwartete Ernte blieb trotzdem aus, weil der Regen ausblieb. Gott wollte, dass sie sich in allem an ihn hielten. Er war ihre Quelle.7 Leider hatten sie das aus den Augen verloren und vergessen, dass ihr Gott hinter den Abläufen der Natur steht. Er ist die »höhere Gewalt«. Er kann es regnen lassen oder den Regen zurückhalten. Tatsächlich waren sie vielmehr von Gott abhängig und weniger vom Wetter.

 

… mich, die Quelle des lebendigen Wassers, haben sie verlassen … (Jeremia 2,13)

… deshalb blieben die Regenschauer aus und kein Spätregen fiel … (Jeremia 3,3)

Was oder wen jemand für die Quelle seiner Versorgung hält, zeigt sich darin, wo er hingegeben ist. Die Israeliten waren so sehr auf das Wetter fixiert, dass sie den Naturgöttern für eine gute Ernte alles opferten, selbst ihre Kinder. Auch heutzutage »opfern« manche Leute ihre Familie der Firma oder ihrer Karriere in der Hoffnung auf ein besseres Einkommen.

 

Die aus dem Exil zurückgekehrten Juden glaubten nicht mehr an die Naturgötter, sondern stattdessen an Fleiß und harte Arbeit. Sie meinten, durch noch mehr Arbeit ihren Ertrag steigern zu können. Im Prinzip ist das ja auch richtig, aber ihre Haltung Gott gegenüber stimmte nicht. Nicht ihn sahen sie als ihre Quelle an, sondern ihre Arbeit. Das zeigte sich darin, dass sie auf ihren Feldern Überstunden schrubbten, der Bau des Tempels aber kam dabei zu kurz. Ihre Opfergaben brachten sie, wenn überhaupt, nur halbherzig.8 Für sie war das alles nur ein zusätzlicher Kostenfaktor, der ihnen aus ihrer Sicht das Leben erschwerte. Aufgrund dieser inneren Einstellung zahlte sich ihre harte Arbeit nicht aus. Das Werk ihrer Hände wurde nicht länger gesegnet.

 

Wir sollten aus der Geschichte der Israeliten lernen, aber wir können nicht alles eins zu eins auf uns heute übertragen. Niemand braucht Angst davor zu haben, dass ihm seine Arbeitsstelle gekündigt wird, weil er nicht am Arbeitseinsatz seiner Gemeinde teilgenommen hat. Oder wenn jemand gegenwärtig arbeitslos ist und von Harz IV lebt, bedeutet das nicht automatisch, dass er vom Glauben abgefallen ist. Trotzdem ist Gott auch heute noch die »höhere Gewalt«, das heißt, er steht über den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen. Als Vater möchte er, dass seine Kinder in enger Verbindung mit ihm und in Abhängigkeit von ihm leben.9

 

Bis heute gilt, dass Gott uns durch unsere Arbeit versorgt, auch wenn die meisten von uns nicht mehr in der Landwirtschaft tätig sind. Normalerweise gehen wir arbeiten und bekommen dafür einen Lohn. Wir sollten uns aber immer darüber im Klaren sein, wo der Segen letztendlich herkommt. Mancher Christ hat sich so sehr an die solide Wirtschaftslage mit guter sozialer Absicherung in unserem Land gewöhnt, dass es ihm schwerfällt, Gott als seinen eigentlichen Versorger zu sehen. Hier muss ein Umdenken im Leib Christi geschehen.

Es geht darum, dass wir die richtige Einstellung Gott gegenüber haben, damit wir nicht auf das »falsche Pferd« setzen. Wer allein auf die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse setzt, wird sich in diese Richtung immer mehr engagieren. Für denjenigen bedeutet die Gemeindearbeit, der Gottesdienstbesuch oder der Zehnte oft nur eine Mehrbelastung des ohnehin schon stressigen Lebens.

 

Wer hingegen Gott als seine Quelle ansieht, ist zuerst ihm gegenüber hingegeben. Er verlässt sich nicht auf seine Arbeitsstelle, Sozialleistungen des Staates oder andere Menschen. Das sind lediglich Kanäle, durch die der Segen zu uns fließt. Sollte ein Kanal einmal verstopft sein, hat Gott viele andere Möglichkeiten, den Segen durch andere Kanäle zu uns zu leiten. Wir sollten mehr dem vertrauen, was Jesus gesagt hat:

Matthäus 6,33
Trachtet vielmehr zuerst nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, so wird euch dies alles hinzugefügt werden!

 

Als sich die Israeliten aufgrund der Ermahnungen durch die Propheten wieder ganz ihrem Gott zuwandten, wurde die Arbeit ihrer Hände gesegnet.

 

Haggai 2,18-19
So achtet nun aufmerksam darauf, von diesem Tag an und weiterhin … von dem Tag an, da der Grundstein zum Tempel des HERRN gelegt worden ist, achtet darauf! … Von diesem Tag an will ich segnen!

Maleachi 3,10-11
Bringt den Zehnten ganz in das Vorratshaus, damit Speise in meinem Haus sei, und prüft mich doch dadurch, spricht der HERR der Heerscharen, ob ich euch nicht die Fenster des Himmels öffnen und euch Segen in überreicher Fülle herabschütten werde! Und ich will für euch den Fresser schelten, dass er euch die Frucht der Erde nicht verdirbt und dass euch der Weinstock auf dem Feld nicht fruchtleer bleibt, spricht der HERR der Heerscharen.

 

Wir können im Segen Gottes leben oder außerhalb seines Segens. Je mehr wir uns Gott wieder ins Bewusstsein rücken, und zwar als Vater der seine Kinder versorgt, um so weniger Sorgen brauchen wir uns zu machen, und um so mehr werden wir seinen Segen erleben.

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1 Matthäus 6,25-34

2 1 Mose 8,22; 2 Korinther 9,8; Galater 6,7-10

3 5 Mose 11,10-11

4 5 Mose 8,10-14.18; 11,13-15

5 Psalm 68,10; Maleachi 3,10

6 5 Mose 28,12

7 Psalm 36,10

8 Nehemia 13,10-11; Haggai 1,9-11; Maleachi 1,13-14; 3,7-9

9 Johannes 15,5; Jakobus 4,13-16

 

Monat 11-2013 wugffo.de