Versuchungen im Leben

Autor: Markus Rex

 

Im Grundtext der Bibel gibt es einige Wörter, die häufig und außerdem in verschiedenen Zusammenhängen auftauchen. Für den Bibelleser wäre es durchaus hilfreich, wenn diese Wörter konsequent mit demselben Begriff übersetzt wären und eine kurze Erklärung als Fußnote dazu gegeben würde.

Versuchung ist solch ein Wort, das grch. peirasmos und hebr. massa heißt. Die Bedeutung variiert je nach Zusammenhang und wird auch mit Prüfung oder Anfechtung wiedergegeben. Allein der Zusammenhang entscheidet, ob die Versuchung eine positive oder eine negative Bedeutung bekommt.

Schauen wir uns zunächst einmal Begebenheiten an, in denen Gott versucht worden ist. Gott selbst hat seinem Volk geboten, ihn nicht zu versuchen: Ihr sollt den Herrn, euren Gott nicht versuchen, wie ihr ihn zu Massa versucht habt (5. Mos.6:16; Mt.4:7). Die Versuchung Gottes durch die Israeliten bei Massa kurz nach ihrer Befreiung aus der ägyptischen Sklaverei war eine einschneidende Handlung, auf die in der Bibel wiederholt Bezug genommen wird.

2. Mose 17:1-3,7

… aber da hatte das Volk kein Wasser zu trinken. Darum stritten (hebr.: rib) sie mit Mose und sprachen: Gebt uns Wasser, daß wir trinken! Mose sprach zu ihnen: Was streitet ihr mit mir? Warum versucht ihr den HERRN? Als nun das Volk dort nach Wasser dürstete, da murrten sie gegen Mose und sprachen: Warum hast du uns aus Ägypten heraufgeführt, um uns und unsere Kinder und unser Vieh vor Durst sterben zu lassen?…

Da gab man dem Ort den Namen Massa (Versuchung) und Meriba (Streit), wegen der Herausforderung der Kinder Israels, und weil sie den HERRN versucht und gesagt hatten: Ist der HERR in unserer Mitte oder nicht?

Das hebr. Wort rib (streiten) heißt auch rechten bzw. vor Gericht bringen. Gott wird hier angeklagt, Israel im Stich zu lassen. Das Volk nötigt Gott, sich zu rechtfertigen. In diesem Zusammenhang gesehen hat „den Herrn versuchen“ also eher eine juristische Bedeutung. Diese Anklage gegen Gott, wird während der 40 Jahre Wüstenwanderung immer wieder laut. Wegen seiner Bundestreue Abraham gegenüber geht Gott zwar immer wieder auf ihre Forderungen ein, aber seine Geduld wird auf eine harte Probe gestellt.

Der Psalm 78 gibt uns ein vielsagendes Bild darüber, auf welche Arten das Volk Israel Gott immer wieder versuchte:

Sie bewahrten den Bund Gottes nicht und weigerten sich, nach seinem Gesetz zu wandeln. Und sie versuchten Gott in ihrem Herzen, indem sie Speise forderten für ihr Gelüste (V.10,18).

Wie oft lehnten sie sich gegen ihn auf in der Wüste und betrübten ihn in der Einöde! Und sie versuchten Gott immer wieder und bekümmerten den Heiligen Israels (V.40-41).

Aber sie versuchten Gott, den Höchsten, und waren widerspenstig gegen ihn und bewahrten seine Zeugnisse nicht, sondern sie wichen zurück und fielen ab wie ihre Väter (V.56-57).

Lasst uns das noch im Licht des NT betrachten.

Hebräer 3:8-10

…so verstockt eure Herzen nicht, wie in der Auflehnung, am Tag der Versuchung in der Wüste, wo mich eure Väter versuchten; sie prüften mich und sahen meine Werke 40 Jahre lang. Darum wurde ich zornig über jenes Geschlecht…

1. Korinther 10:9

Lasst uns auch nicht Christus versuchen, so wie auch etliche von ihnen ihn versuchten und von den Schlangen umgebracht wurden.

Gott zu versuchen kann also so aussehen, dass er in einer Art und Weise für eigene Probleme bzw. Mängel verantwortlich gemacht wird, dass er genötigt wird, sich vor uns zu rechtfertigen. Oder wie kleine Kinder ausprobieren, wie weit sie bei ihren Eltern gehen können, wird Gott getestet, wieviel er sich von uns gefallen lässt bzw. ob er bezüglich seiner Verheißungen und Gebote auch wirklich meint, was er gesagt hat. Gott zu versuchen beinhaltet auch, etwas von Gott bzw. anderen Menschen zu verlangen, was dem Wesen Gottes und seinem Plan entgegensteht (siehe den Apostelkonzil in Jerusalem; Apg.15:10-11) oder ihm und anderen Menschen etwas vor zumachen, d.h. zu betrügen. Ananias und Saphira sind uns eine Warnung dafür (Apg.5:10).

Zusammenfassend können wir sagen, Gott zu versuchen bedeutet, sich gegen ihn aufzulehnen und widerspenstig zu sein (Ps 78:56), statt auf Gott zu vertrauen und ihm im Glauben gehorsam zu sein (Ps.78:22).

Gott zu versuchen hat sich nie dauerhaft ausgezahlt und hatte immer schlimme Folgen. Ein folgsames Herz und ein festes Gottvertrauen sind der bessere Weg.

Dann zeigt uns die Bibel auch, dass Satan als der große Versucher die an Gott bzw. an Jesus gläubigen Menschen versucht (1.Kor.7:5; 1.Thess.3:5). In diesen Fällen ist es immer so zu verstehen, dass der Teufel versucht, uns zu Fall zu bringen. Er will uns zur Sünde verlocken und zum Ungehorsam verführen, um uns so vom Glaubensweg abzubringen. Bestimmte Begriffe im NT wie: verführen, den Sinn verdrehen, verlocken u.ä. sind lediglich Synonyme für die Versuchungen Satans (2.Kor.11:3). Dazu bedient er sich auch anderer Menschen (Off.2:14,20). So sollen wir zwar anderen helfen, die der Verlockung der Sünde nicht widerstehen konnten, aber gleichzeitig auf uns selbst acht geben, um nicht derselben Versuchung zu erliegen (Gal.6:1).

Die größte Gefahr versucht zu werden, geht jedoch von unserer eigenen Lust aus.

Jakobus 1:13-15

Niemand sage, wenn er versucht wird: Ich werde von Gott versucht. Denn Gott kann nicht versucht werden zum Bösen, und er selbst versucht auch niemand; sondern jeder einzelne wird versucht, wenn er von seiner eigenen Begierde gereizt und gelockt wird. Danach, wenn die Begierde empfangen hat, gebiert sie die Sünde; die Sünde aber, wenn sie vollendet ist, gebiert den Tod.

Der Spassfaktor der Sünde oder die Gier, bestimmte Dinge unbedingt haben zu müssen, kann schon eine erhebliche Versuchung darstellen, vom richtigen Weg abzuweichen. Der Teufel ködert die Menschen heute, wie schon damals im Garten Eden. So ist es nicht verwunderlich, dass die Versuchung auch im Zusammenhang mit einem Fallstrick oder Anstoß (eine Falle stellen bzw. in die Falle tappen) genannt wird (siehe: 1.Tim.6:9-10; 2.Tim.2:26; Mt.16:23; Mt.22:15,18; 1.Kor.8:13).

Die Versuchung erscheint in der Bibel auch noch in einem weiteren Zusammenhang, nämlich, dass Gott die Gläubigen versucht. Das scheint auf den ersten Blick ein Widerspruch mit Jakobus 1:13 zu sein: Niemand sage, wenn er versucht wird: Ich werde von Gott versucht. Denn Gott kann nicht versucht werden zum Bösen, und er selbst versucht auch niemand. Noch unverständlicher wird es, oberflächlich betrachtet, mit dem Vers 2:

Jakobus 1:2

Meine Brüder, achtet es für lauter Freude, wenn ihr in mancherlei Anfechtungen geratet, da ihr ja wisst, dass die Bewährung eures Glaubens standhaftes Ausharren bewirkt. Das standhafte Ausharren aber soll ein vollkommenes Werk haben, damit ihr vollkommen und vollständig seid und es euch an nichts mangelt.

Es handelt sich in den Mio. Versen zwar um ein und dasselbe Wort (peirasmos), wir müssen aber zwischen den verschiedenen Bedeutungen unterscheiden. Hier ist die Versuchung bzw. Anfechtung mehr im Sinne von Prüfung, Test oder auf die Probe stellen zu verstehen und nicht als Versuch, uns zu Fall zu bringen.

Gott prüft den Glauben seiner Leute, was positiv ist, denn ohne eine Bewährungsprobe ist der Glaube nur eine Theorie.

 

Doch lasst uns zunächst einige Bibelstellen dazu betrachten:

Hebräer 11:17

Durch Glauben brachte Abraham den Isaak dar, als er geprüft wurde, und opferte den Eingeborenen, er, der die Verheißungen empfangen hatte…

5. Mose 8:2,16

Und du sollst an den ganzen Weg gedenken, durch den der HERR, dein Gott, dich geführt hat diese 40 Jahre lang in der Wüste, um dich zu demütigen, um dich zu prüfen, damit offenbar würde, was in deinem Herzen ist, ob du seine Gebote halten würdest oder nicht.

…der dich in der Wüste mit Manna speiste, von dem deine Väter nichts wussten, um dich zu demütigen und zu prüfen, damit er dir am Ende Gutes tue…

Diese Art von Prüfung dient dazu, offenbar zu machen, was im Herzen verborgen ist. Das war bei Abraham so (1.Mos.22:12) und auch bei den Israeliten.

Gott hat immer einen Plan mit Menschen, die er beruft. Um seine Absicht verfolgen zu können, rüstet Gott die Menschen zu. Prüfungen im Leben sind Teil seines Erziehungsprogrammes (siehe 5.Mo.8:5). Genauso wie Eltern normalerweise erwarten, dass ihre Kinder heranwachsen und sich weiterentwickeln, möchte Gott, dass wir im Glauben zunehmen und geistlich reifer werden. Auch Jesus forderte seine Jünger in dieser Weise heraus: Da nun Jesus die Augen erhob und sah, dass eine große Volksmenge zu ihm kam, sprach er zu Philippus: Wo kaufen wir Brot, damit diese essen können? Das sagte er aber, um ihn auf die Probe zu stellen, denn er selbst wusste wohl, was er tun wollte (Joh.6:5-6).

Das Verhalten anderer Christen in ihren Herausforderungen aus einer sicheren Deckung heraus zu kritisieren ist leicht. Es ist auch einfach, mit dem eigenen Glauben zu prahlen, solange alles glatt läuft. Der echte Glaube zeigt sich jedoch in Schwierigkeiten.

1. Petrus 1:6-7

Dann werdet ihr euch jubelnd freuen, die ihr jetzt eine kurze Zeit, wenn es sein muss, traurig seid in mancherlei Anfechtungen, damit die Bewährung eures Glaubens (der viel kostbarer ist als das vergängliche Gold, das doch durchs Feuer erprobt wird) Lob, Ehre und Herrlichkeit zur Folge habe bei der Offenbarung Jesu Christi.

Probleme und Schwierigkeiten im Leben sind die Bewährungsprobe des Glaubens. (Die Verlockung zur Sünde ist hingegen keine Bewährungsprobe, sondern eine gefährliche Versuchung.) Wenn wir die kleinen Probleme im Vertrauen auf Gott bewältigt haben, sind wir gerüstet für größere Probleme. Und Gott achtet darauf, dass die Schwierigkeiten nicht größer sind, als wir bewältigen können (1.Kor.10:13).

Lasst uns zum Schluss noch auf Jesus schauen, den Anfänger und Vollender unseres Glaubens (Hebr.12:2). In ihm haben wir ein großes Vorbild, dem wir folgen können. Er widerstand den Versuchungen Satans mit dem Wort Gottes (Lk.4:1-13) und behauptete sich gegen die hinterlistigen Fangfragen der Pharisäer (Mt.16:1; 19:3; 22:18,35 u.a.). Der Hebräerbrief sagt, dass er dieselben menschlichen Schwierigkeiten hatte und genauso versucht wurde wie wir (Hebr.4:15). Das schließt mit ein, dass er die Verlockungen der Sünde gekannt hat, jedoch ohne ihnen zu erliegen. Daher musste er in jeder Hinsicht den Brüdern ähnlich werden … denn worin er selbst gelitten hat, als er versucht wurde, kann er denen helfen, die versucht werden (Hebr.2:17-18).

Jesus weiß, wie es uns im Leben ergeht und wie es sich anfühlt, z.B. verfolgt zu werden. Als unser Hoherpriester hat er Mitleid mit uns und steht bereit, uns zu helfen.

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