Gelebte Liebe

Autor: Markus Rex

 

Eine sehr komprimierte Zusammenstellung darüber, was Gott unter Liebe versteht, finden wir in 1.Kor.13:4-7. Das NT beschreibt diese göttliche Art der Liebe noch in vielen weiteren Stellen der Bibel. Alle Puzzleteile zusammengenommen geben uns ein reichhaltiges Bild über 1) Gottes Liebe zu uns, 2) Unsere Liebe zu Gott und 3) Die Nächstenliebe, die sogar unsere Feinde mit einschließt.

Über die Liebe Gottes bzw. das Gebot, einander zu lieben, wurden schon einige Bücher geschrieben. (Sehr zu empfehlen ist das Buch von K.E. Hagin: „Liebe, der Weg zum Sieg“.) Deshalb möchte ich hier nicht auf jedes Detail eingehen, sondern lediglich einzelne Aspekte der Liebe Gottes hervorheben. Insbesondere soll es um die gelebte Liebe innerhalb der Gemeinde gehen. In Liebe zu wandeln ist uns leicht gemacht worden, denn die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsere Herzen durch den Heiligen Geist, der uns gegeben worden ist (Rö.5:5).

Liebe zu Gott schließt die Gemeinde ein

Wir lieben ihn, weil er uns zuerst geliebt hat. Wenn jemand sagt: „Ich liebe Gott,“ und hasst doch seinen Bruder, so ist er ein Lügner; denn wer seinen Bruder nicht liebt, den er sieht, wie kann der Gott lieben, den er nicht sieht? Und dieses Gebot haben wir von ihm, dass, wer Gott liebt, auch seinen Bruder lieben soll.
1 Johannes 4,19-21

Manche Christen wollen ihre Liebe zu Gott von der Gemeinde trennen. Doch das geht nicht. Jesus ist das Haupt und die Gemeinde ist sein Leib. Man kann eine Person nicht scheibchenweise lieben.

Die Bedeutung von hassen im o.g. Vers ist, Glaubensgeschwister abzulehnen bzw. sich von ihnen zurückzuziehen. Im Gegensatz dazu bedeutet lieben, den anderen anzunehmen und auf ihn zu zugehen. Hassen ist Gleichgültigkeit und lieben ist ehrliches Interesse. Diese Bibelstelle macht deutlich, dass unsere Liebe zu Gott nicht größer ist, als unsere Liebe zur Gemeinde einschließlich aller Brüder und Schwestern. Die Qualität unserer Beziehung zu Gott ist abhängig von der Qualität unserer Beziehung, die wir zu Seiner Gemeinde haben.

Lieben heißt handeln

Meine Kinder, lasst uns nicht mit Worten lieben noch mit der Zunge, sondern in Tat und Wahrheit!

1 Johannes 3,18

Die Liebe ist immer aktiv. Es geht nicht darum, rein theoretisch alles über die Liebe zu wissen und darüber zu reden. Wer den anderen liebt, macht nicht nur leere Worte und Versprechungen. Die Liebe, die die Bibel beschreibt, ist vielmehr eine tatkräftige Handlung und weniger eine bloße Gefühlswallung. Natürlich können auch Gefühle uns dazu bringen, ganz praktisch mit anzupacken. Doch wer in gottgemäßer Weise liebt, tut dem anderen Gutes, auch wenn er sich nicht danach fühlt.

So manches Ehepaar hat sich nicht deswegen getrennt, weil einer dem anderen schlimme Dinge angetan hatte, sondern weil sie sich nichts Gutes mehr taten. Seit langer Zeit gab es keinen Blumenstrauß, kein Kompliment und keine nette Geste der Zuwendung mehr, weil sie auf das entsprechende romantische Gefühl warteten. „Wir lieben uns nicht mehr!“, wird dann als Scheidungsgrund genannt.

Die Brüder und Schwestern in der Gemeinde zu lieben heißt, ihnen Gutes tun (Gal.6,10). Die Liebe Gottes äußerte sich in ganz praktischen Handlungen. So seht hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab … (Joh.3,16). Jesus praktizierte diese Liebe durch die Fußwaschung an seinen Jüngern (Joh.13,1ff.). Diese Liebe soll auch auch uns zu bewegen, entsprechend zu handeln (Joh.13,12-17).

 

Liebe geht in Vorleistung

Alles nun, was ihr wollt, dass die Leute euch tun sollen, das tut auch ihr ihnen ebenso …

Matthäus 7,12

Zu lieben heißt nicht nur zu handeln, sonder zuerst zu handeln. Liebe geht in Vorleistung. Die menschliche Natur sagt, dass du dich zuerst um dich selbst kümmern musst. Doch die Liebe Gottes sucht nicht das Ihre (1.Kor.13,5), sondern das Wohl des anderen (Phil.2,1-4).

„Es gibt keine Liebe in der Gemeinde!“, bemängeln mache Christen und meinen damit, dass man sich nicht genügend um sie kümmert. Sie fühlen sich von den anderen vernachlässigt. Natürlich hat jeder Mensch Bedürfnisse und Wünsche. Doch gelebte Liebe sieht so aus: Du möchtest besucht werden? Gut, besuche du zuerst jemanden. Du möchtest in der Gemeinde freundlich begrüßt werden? Gut, geh du auf jemanden zu und begrüße ihn. Du möchtest in deiner Not getröstet werden? Gut, wen hast du zuletzt getröstet?

Vielleicht erlebst du in deiner Gemeinde deshalb keine Liebe, weil du selbst nicht in Liebe wandelst. Es gibt ein geistliches Gesetz vom Säen und Ernten, das auch in diesem Bereich wirkt. Fang an, andere so zu behandeln, wie du selbst behandelt werden möchtest, denn zu seiner Zeit werden wir ernten, wenn wir nicht ermatten (Gal.6,9).

Liebe bedeutet Arbeit

… indem wir unablässig gedenken an euer Werk im Glauben und eure Bemühung in der Liebe …

1 Thessalonicher 1,3

Denn Gott ist nicht ungerecht, dass er euer Werk und die Bemühung in der Liebe vergäße, die ihr für seinen Namen bewiesen habt, indem ihr den Heiligen dientet und noch dient.

Hebräer 6,10

Leider haben etliche Christen eine idealisierte, d.h. realitätsfremde Vorstellung vom Wandel in der Liebe Gottes. Es geht in der Gemeinde nicht zuerst darum, dass wir uns alle mögen oder um ein gemütliches Beisammensein (obwohl die Gemeinschaft der Gläubigen untereinander natürlich auch wichtig ist). Wandel in Liebe hat auch mit Anstrengung, harter Arbeit und einem eifrigen Bemühen beim Bau der Gemeinde zu tun. Liebe sollte überhaupt das hauptsächliche Motiv sein, bei allem, was wir für Gott, in der Gemeinde oder für andere tun. Wir dienen Gott, weil wir ihn lieben. Wir arbeiten in der Gemeinde mit, weil wir die Menschen lieben. Das NT spricht davon, dass Gebefreudigkeit ein Liebesbeweis ist (2.Kor.8,8). Paulus beschrieb die Liebe der Mazedonischen Christen wie folgt: Denn nach ihrem Vermögen, ja ich bezeuge es, über ihr Vermögen hinaus waren sie bereitwillig; und sie baten uns mit vielem Zureden, dass wir die Liebesgabe und ihre Gemeinschaft am Dienst für die Heiligen annehmen sollten. Und sie gaben nicht nur so, wie wir es erhofften, sondern sich selbst gaben sie hin, zuerst dem Herrn und dann uns, durch den Willen Gottes (2.Kor.8,3-5).

Ich glaube, dass auch die Mitarbeit in der Gemeinde, die mit Hingabe und Zeiteinsatz zu tun hat, ein Beweis dafür ist, dass wir Gott und Menschen lieben. Mancherorts laufen Gottesdienste in eigens für diesen Zweck gemieteten Räumen so ab, dass ein Dutzend Mitarbeiter sonntags um 6 Uhr früh aufsteht, um einige Stunden zuvor alles aufzubauen und vorzubereiten. Nach der Versammlung wird in stundenlanger Arbeit wieder alles sorgfältig verpackt und abtransportiert. So geht das dann Woche für Woche. Warum in aller Welt tun sie das? Sie tun es aus Liebe. Andere Gemeindeglieder sind eifrig beschäftigt durch Baueinsätze, Reinigung der Räume, Ordnerdienste und vieles mehr.

Das Bemühen in der Liebe ist mehr als humanistische Wohltätigkeit. Es übersteigt die natürliche, menschliche Kraft und befähigt uns, anderen zu dienen, selbst wenn sie das nicht anerkennen und uns womöglich kritisieren.

Liebe behandelt alle gleich

Wenn ihr das königliche Gesetz erfüllt nach dem Schriftwort: „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst!,“ so handelt ihr recht; wenn ihr aber die Person anseht, so begeht ihr eine Sünde …

Jakobus 2,8.9

Die Person ansehen ist Sünde. Wer in Liebe wandelt, wird andere Menschen nicht willkürlich benachteiligen oder bevorzugen. Das grch. Wort prosopo-lempsia meint das äußere Wesen eines anderen Menschen, wie es aus dem eigenen Blickwinkel erscheint. Die Person wird also nach dem bewertet und daraufhin so behandelt, wie sie zu sein scheint und nicht, wie sie in Wirklichkeit ist. Jakobus nennt uns Beispiele für die Bewertung von Personen nach dem weltlichen Normenkatalog. Doch aus Gottes Sicht sind Menschen oftmals anders, als sie uns im ersten Augenblick erscheinen (Jak.2,2-7). Innerhalb der Gemeinde sollten gesellschaftliche Kriterien oder Sympathie keine Rolle spielen, sondern nur Gottes Berufung bzw. die Stellung im Dienst. Von denen aber, die etwas gelten–was sie früher waren, ist mir gleich; Gott achtet das Ansehen der Person nicht–,mir haben diese Angesehenen nichts weiter auferlegt (Gal.2,6).
Eine weitere Möglichkeit, die Person anzusehen, besteht darin, dass man an andere ein anderes Maß anlegt, als an sich selbst. Das Verhalten von Gemeindegliedern wird oft kritischer beurteilt, als das eigene in ähnlichen Situationen (Vergl. Lk.6,41.42). Auf diese Weise erscheint der andere in den eigenen Augen unreifer und ungeistlicher als man selbst. Auch wenn man das äußerlich nicht immer zeigt, hat man auf diese Weise innerlich schon eine hochnäsige Haltung eingenommen. Doch die Liebe prahlt nicht und ist nicht überheblich (1.Kor.13,4; H.f.A.).

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